Für HOCHTIEF war 2011 ein Jahr mit zahlreichen Herausforderungen: Dem starken operativen Geschäft des Konzerns mit einem neuen Rekordauftrags-bestand von knapp 49 Mrd. Euro standen schwere Rückschläge bei zwei Projekten und bei der Habtoor Leighton Group (Dubai) gegenüber. Diese konnten nicht vollständig kompensiert werden: Es entstand ein Konzernverlust von insgesamt 160 Mio. Euro. Die beiden Projekte brachten im ersten Quartal 2012 erneut Verluste. Diesen Schwierigkeiten stellt sich der Konzern mit aller Kraft entgegen: "Aufbauend auf unserer operativen Stärke wollen wir schnell wieder zu nachhaltig positiven Ergebnissen zurückfinden", betont Dr. Frank Stieler, Vorstandsvorsitzender von HOCHTIEF. Der Vorstand bestätigt auf der heutigen Hauptversammlung den positiven Ausblick für das laufende Geschäftsjahr.
Kennzahlen 2011
HOCHTIEF hat im vergangenen Jahr die höchste Leistung in der Unternehmensgeschichte erbracht: Der Wert stieg gegenüber dem Vorjahr um 11 Prozent auf 25,79 Mrd. Euro (2010: 23,23 Mrd. Euro). Der Auftragseingang erreichte den zweithöchsten Wert der Unternehmenshistorie: Es wurden neue Projekte über 25,37 Mrd. Euro akquiriert (2010: 29,63 Mrd. Euro). Der Auftragsbestand wuchs auf 48,67 Mrd. Euro (2010: 47,49 Mrd. Euro) - ebenfalls eine neue Höchstmarke, die 2,5 Prozent über dem Vorjahr liegt. Der Konzern ist damit rechnerisch für mehr als 22 Monate ausgelastet. Die Umsatzerlöse stiegen auf 23,28 Mrd. Euro (2010: 20,16 Mrd. Euro).
Im Gegensatz dazu stand die Ergebnisentwicklung: Der Konzern wurde von schwerwiegenden Problemen bei zwei großen Infrastrukturprojekten in Australien, Wertberichtigungen und Risikovorsorgen auf Mautstraßenprojekte, Verlusten bei einer Beteiligungsgesellschaft in Dubai, einer Wertkorrektur für die australische Betreibergesellschaft BrisConnections sowie Aufwendungen für ausgeschiedene HOCHTIEF-Vorstände belastet. Das Ergebnis vor Steuern (EBT) blieb mit -127 Mio. Euro deutlich unter dem Vorjahreswert zurück (2010: 756,6 Mio. Euro). Der Konzernverlust belief sich in Folge auf 160,3 Mio. Euro (2010: Konzerngewinn 288,0 Mio. Euro).
Entwicklung in den ersten Monaten 2012
Zu Beginn des Geschäftsjahrs 2012 führten die australischen Problemprojekte zu nochmaligen Beeinträchtigungen: Der Konzern musste seine Gewinnprognose revidieren. Dazu Dr. Frank Stieler, Vorstandsvorsitzender von HOCHTIEF: "Wir sehen nicht tatenlos zu, wie die Ergebnisse unserer Arbeit in Mitleidenschaft gezogen werden. Stattdessen gehen wir alle kritischen Punkte an und bringen Leighton wieder auf Kurs: Seit August haben wir ein neues Management-Team in Australien, das vorrangig das Risikomanagement optimiert."
HOCHTIEF-Aktie und Dividende
Die negativen Ereignisse des Geschäftsjahrs 2011 wirkten sich auch auf die HOCHTIEF-Aktie aus: Ihr Kurs sank innerhalb des Berichtszeitraums um rund 30 Prozent und beendete das Jahr bei 44,70 Euro. Im Laufe des ersten Quartals 2012 erholte sich die Aktie in einem insgesamt freundlichen Marktumfeld wieder und erreichte zwischenzeitlich sogar Werte über 55 Euro. Aufgrund der neuerlichen Ergebnisbeeinträchtigung von Leighton im März verlor die Aktie jedoch wieder an Wert und startete mit einem Kurs von knapp 46 Euro in das zweite Quartal.
HOCHTIEF verfolgt seit Jahren eine der Ergebnis- und Liquiditätssituation angepasste Dividendenpolitik. Angesichts des Konzernverlusts im Berichtsjahr 2011 schlagen Vorstand und Aufsichtsrat der heutigen Hauptversammlung vor, für 2011 keine Dividende auszuschütten. Ungeachtet dessen will der Konzern seiner Dividendenpolitik treu bleiben und seine Aktionäre künftig weiterhin angemessen an der Ergebnisentwicklung des Unternehmens beteiligen.
Geschäftliche Perspektiven
HOCHTIEF profitiert von seiner Positionierung in Wachstumsmärkten. Der Konzern hat für die Zukunft insbesondere drei Wachstumsfelder definiert:
Nach Schätzungen des Hauptverbands der deutschen Bauindustrie werden allein für Offshore-Windparks vor der deutschen Küste in den kommenden Jahren Bauinvestitionen von 25 bis 30 Mrd. Euro getätigt. Europaweit beträgt das Marktvolumen etwa 100 Mrd. Euro. HOCHTIEF zählt zu den wichtigsten Anbietern in diesem Geschäftsfeld und setzt aktuell auch zum Sprung in die USA an: Der Konzern ist mit seiner US-Tochtergesellschaft Flatiron sowie Partnern und unter Beteiligung von HOCHTIEF Solutions zum bevorzugten Bieter für den ersten US-Offshore-Windpark ernannt worden. Es ist das Leuchtturm-Projekt in dieser Region und der Konzern hat beste Chancen, den attraktiven Auftrag zu erhalten. Darüber hinaus hat sich HOCHTIEF kürzlich auch das Geschäftsfeld der Projektentwicklung auf hoher See erschlossen: Der Konzern erwirbt nicht entwickelte Konzessionen, entwickelt diese, bringt sein Know-how bei der Vorbereitung des jeweiligen Bauloses bis zur Baureife ein, beantragt die Baugenehmigung und veräußert die Konzession dann vor Baubeginn weiter.
An Land legt HOCHTIEF den Schwerpunkt auf den Bau von Stromleitungen: Die von Offshore-Windparks erzeugte Energie muss vom Ort der Erzeugung bis zum Verbraucher transportiert werden. Allein in Deutschland sollen dafür einige Tausend Kilometer Stromleitungen neu gebaut werden. Weltweit stehen ebenfalls umfangreiche Vorhaben an: So baut die US-Tochter Flatiron derzeit in Kanada eine 250 Kilometer lange Stromüberlandleitung und Thiess in Australien einen Powertunnel - ein Tunnel zur Verlegung unterirdischer Stromleitungen - quer durch Sydney. Anfang 2012 hat HOCHTIEF außerdem ein Gemeinschaftsunternehmen mit der ACS-Tochter COBRA gegründet, das Stromleitungen in Deutschland und Europa errichten soll.
HOCHTIEF hat 2011 im Wachstumsfeld "Moderne Energieinfrastruktur" insgesamt eine Leistung von etwa 4,9 Mrd. Euro erzielt. Angesichts der Dynamik des Markts und der sehr guten Ausgangsposition geht der Konzern davon aus, dies bis 2016 um etwa 40 Prozent auf rund 6,8 Mrd. Euro steigern zu können.
In den Industrieländern steigt der Bedarf an neuen urbanen Konzepten. Der demografische Wandel, moderne Technologien und die nachhaltige Entwicklung von Metropolen verändern die Ansprüche an Lebens- und Arbeitsräume: Heute stehen Ideen für generationenübergreifendes Wohnen, integrative Konzepte für Arbeits- und Privatsphäre sowie Aspekte des "Green Building" im Fokus. HOCHTIEF als größter deutscher Entwickler von Wohnungs- und Gewerbeimmobilien antwortet darauf mit individuellen Lösungen: Quartiersentwicklungen wie das Stadtviertel le flair in Düsseldorf bringen junge Familien, Ältere und allein stehende Menschen an einem Ort zusammen. Flächen für Einzelhandel und Büroarbeitsplätze werden harmonisch in die Quartiere integriert.
Dem gegenüber steht die Entwicklung von Wohnraum in Schwellenländern: Dort geht es darum, angesichts der Bevölkerungsexplosion ganze Wohngebiete in kurzer Zeit zu entwickeln. HOCHTIEF hat dazu mit zwei Partnern in Indien das Joint Venture Sahara Turner gegründet. Es wird ganze Stadtteile errichten.
Der Konzern strebt in diesem Wachstumsfeld eine solide Weiterentwicklung seines bisherigen Wachstums an.
In Deutschland ist HOCHTIEF bis zum Jahr 2015 für ÖPP-Straßenprojekte (Öffentlich Private Partnerschaft) mit einem Gesamtvolumen von rund drei Mrd. Euro verantwortlich. HOCHTIEF hat von den acht Projekten seit 1999 vier Aufträge gewonnen. In den USA, wo der Bedarf im Straßenbau ebenfalls groß ist, setzt Flatiron derzeit die Route 5 in Kalifornien instand und in San Francisco baut der Konzern gemeinsam mit Partnern die südliche Zufahrt zur Golden Gate Bridge. Demgegenüber wird in asiatischen Ländern vielfach auf Schienenverbindungen gesetzt: So errichtet Leighton beispielsweise einen Kopfbahnhof für eine Schnellbahnverbindung, die ab 2015 täglich bis zu 100.000 Passagiere zwischen Hongkong und China befördern soll.
Insgesamt hat der Konzern im Jahr 2011 im Wachstumsfeld "Moderne Verkehrsinfrastruktur" Projekte im Wert von rund 5,2 Mrd. Euro realisiert. Aufgrund der starken weltweiten Entwicklung geht HOCHTIEF davon aus, diese Leistung in den kommenden fünf Jahren um etwa 30 Prozent auf zirka 6,76 Mrd. Euro zu steigern.
Konzernausblick
Der Vorstand bestätigt die Erwartungen an das laufende Geschäftsjahr, die zuletzt im März 2012 veröffentlicht wurden. HOCHTIEF kehrt damit 2012 wieder zu positiven Ergebnissen zurück. Für 2013 erwartet der Konzern eine weitere Verbesserung des Ergebnisniveaus.