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Ein Milliardenschatz im Erdbunker

Einzigartig ist die Immobilie, mit deren Bau im Moseltal HOCHTIEF 1962 begann. Oberirdisch ein Schulungszentrum wie viele andere, unterirdisch ein Hochsicherheits-Bunker, dessen wahre Funktion über Jahrzehnte nur wenigen handverlesenen Geheimnisträgern bekannt war. Denn 30 Meter tief im Erdreich, versteckt hinter meterdicken Betonwänden, gepanzerten Zwischentüren und mit Alarmanlagen gesichert, lagerte ein Mega-Schatz: 15 Milliarden D-Mark. 15.000.000.000 - eine 15 mit neun Nullen. “Sinn und Zweck des Ganzen waren gut kaschiert”, sagt Wolfgang Lambertz, der damals noch ein Kind war und heute als Bürgermeister der Verbandsgemeinde Cochem fungiert.

1962 also: Seit einem Jahr teilt eine Mauer Deutschland in Ost und West. Und der Kalte Krieg erreicht mit der Kubakrise einen Höhepunkt. Die Angst vor einer atomaren Eskalation ist allgegenwärtig. Und nun kommen jeden Tag diese HOCHTIEF-Bauarbeiter, setzen von 6 bis 22 Uhr große Geräte ein und machen so viel Lärm, dass Anwohner im Moseltal sich beschweren. Es sei ein Zivilschutzbunker, erfahren sie auf Nachfrage. Tatsächlich hätten hier bis zu 100 Menschen zwei Wochen lang in der Tiefe überleben können - dank Trinkwasserbrunnen, Dieselstromgeneratoren, Luftfiltern und Dekontaminationsräumen gegen atomare Verstrahlung. Das war nur die halbe Wahrheit. Der Rest oblag der Schweigepflicht. Die ganze Wahrheit kennt Manfred Pöggel, der 13 Jahre das als Ablenkung gedachte Schulungszentrum leitete und darin auch wohnte.

Pöggels geheime Mission begann 1964. “Ich war bei den ersten Geldtransporten von Frankfurt aus dabei.” Denn in Frankfurt sitzt sein Dienstherr, die Bundesbank. Und die hatte sich gesorgt um ihre D-Mark. Im Falle einer Hyperinflation sollte schnell Ersatz her. Und deshalb schickte sie ausgesuchte Mitarbeiter wie Pöggel auf die Reise an die Mosel. Sie packten die Scheine in Kartons und Säcke und versteckten sie im Bunker. HOCHTIEF baute einen geheimen Ausgang, der noch heute hinauf in den Wald führt. Der Eingang für die Geldlieferungen war als Doppelgarage getarnt.

„Wir haben einfach unsere Arbeit gemacht“, erzählt Peter Bamberg über den Bau des Bundesbank Bunkers. Der 79-jährige war damals als Schlosser (für HOCHTIEF) im Einsatz und von der ersten bis zur letzten Sprengung dabei. „Wir wussten nur, wir schaffen `nen Bunker“, erklärt er. „Mehr hat uns nicht interessiert.“



Zwei Lkw haben Tag und Nacht den Bauschutt weggefahren. Insgesamt haben Peter Bamberg und seine zirka 30 Kollegen in zwei Schichten gearbeitet. Nachts durfte nicht gearbeitet werden, auch nicht gesprengt.


15 Milliarden D-Mark dienten als geheime Notwährung - die “Ersatzserie BBk II”. Die Menschen in Cochem und Umgebung erfuhren nichts davon. Selbst die Polizei, wusste nichts von den Milliarden unter ihren Füßen. Der wahre Zweck des Bunkers blieb geheim. Nur wenige Leute wusste von dem Milliarden-Schatz, nur drei hatten die nötigen Schlüssel. Pöggel war einer davon. “Wir haben dicht gehalten”, sagt Pöggel, “und den Leuten nichts erzählt.”

Heute ist der Bunker ein Museum und das Schulungsheim dient als Hotel. Der Funktionswandel zeichnete sich 1988 ab, als Pöggel die Milliarden mit wenigen Kollegen abtransportierte, ehe sie in den Reißwolf kamen und in Flammen aufgingen. Vermutlich, weil die “Ersatzserie BBk II” nicht mehr fälschungssicher genug war. Der Abtransport der Milliarden - für den heute 88-jährigen Manfred Pöggel ein Abenteuer. “Mit zwei Kollegen, den anderen Schlüsselträgern der Tresore, war ich die ganze Zeit dabei. Wir haben alle ein bisschen gezittert. Wenn etwas gefehlt hätte, hätten wir ziemliche Probleme bekommen.” Es ging gut.